Textatelier
BLOG vom: 12.03.2015

Lebensfreude: Das eigene Leben pflegen und fördern

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
 
Weil sich jetzt sich der Frühling zaghaft meldet und die Tageshelle verlängert, drossle ich meine Vorfreude, eingedenk der alten Bauernregel „Märzschnee düngt”. Das Wetter im März ist erfahrungsgemäss kapriziös. Gleichwohl will ich dem Frühling bedachtsam vorspuren.
 
Im Berufsleben musste man einen wachsenden Teil seines Eigenlebens opfern, zugunsten der Firma und der Kunden. Man war eingeschient, seinen Pflichten unterworfen. Viele davon waren mit Arbeitsfreude übersprenkelt; andere schufen Missbehagen. Letztere musste man hinnehmen und wie bittere Pillen schlucken. Und dabei erst noch wohlgesittet lächeln!
 
Etappenweise findet man sich in sein eigenes Leben zurück, wenn man sich von alten Gewohnheiten löst – und schupps durch neue ersetzt … So will ich sie, auf mich abgestimmt, sichten und unterscheiden zwischen Pflichten, die man anderen Menschen gegenüber, etwa seiner Gemahlin, im eigenen Haushalt schuldet. Bezüglich Haushaltspflichten bin ich eher linkisch. Lily verbannt mich aus der Küche, denn das ist ihr Revier. Ich beziehe dann gern mein Revier in meiner Schreibbude oder verschanze mich hinter einem Buch. Ihr Ordnungssinn ist weit ausgeprägter als meiner. Quittungen sind ordentlich und leicht auffindbar in einem Ringbuch versorgt. Aber meine Tagebuchblätter ordne ich chronologisch selber ein.
 
Ausserhalb des Hauses besorge ich Gartenarbeiten und lasse mich dabei gerne ablenken. Gestern war es kalt, und ich konnte solchen Arbeiten nicht entrinnen. Eine Reihe von Tontöpfen war wegen des Frosts geborsten. Die Topfpflanzen hatten erst noch in der Erde Wurzeln geschlagen. Die ausgelaugte Erde versetzte ich diesmal in wetterfeste Plastiktöpfe. 3 Stunden waren im Nu verflogen. Anschliessend erreichte ich, von der Arbeit bereits erwärmt, das Haus, wusch mit der Bürste meine Hände und braute mir einen Kaffee. „Basta così”.
 
Die Lebensfreude sollte geteilt werden, ganz besonders jene, die für Abwechslung sorgt. London bietet eine Schatzkammer von Möglichkeiten. Letzte Woche genossen wir „La traviata” in der „English National Opera”. Zu Weihnachten hatten uns die Söhne 2 der teuren Eintrittskarten geschenkt. Sie befanden zu Recht, dass wir mehr Abwechslung brauchen. „Noruz”, das persische Neujahr, steht an. Dann werden wir zu Viert eine persische Mahlzeit geniessen. Bis dann hat sich hoffentlich der Frühling eingenistet. Die Vorfreude fördert die Lebensfreude.
*
Die Welt ist leider kein Tummelplatz der Freude. Kriege und unendlich viel Leid und Elend herrschen vor. Ein Freudentaumel ist als Intermezzo eingeschränkt.
 
Was wir der Freude abgewinnen, verdient oder nicht, dafür dürfen wir gewiss dankbar sein im stillen Kämmerlein und hoffen, dass sie sich allseits ausbreitet.
 
 
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